Zystische Pankreastumore

 
 

Unter dem Begriff der zystischen Tumore des Pankreas versteht man eine Vielzahl von Läsionen mit großen Unterschieden hinsichtlich ihres malignen Potentials. Durch die verbesserten bildgebenden Verfahren hat die Häufigkeit der Diagnose scheinbar stark zugenommen. Wurden noch vor 15-20 Jahren die zystischen Pankreastumore ausnahmslos reseziert, so wird nun die Art des Vorgehens von der exakten Diagnose abhängig gemacht.


Häufigste Arten der primären Pankreaszysten

1.Seröses Zystadenom (SCA)

2.Mucinöses Zystadenom (MCA)

3.Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN)

4.Solide pseudopapilläre Neoplasie (Frantz-Tumor)


Inzidenz-Epidemiologie:

Seröse Zystadenome (SCA) sind eine seltene Entität und repräsentieren 30% der zystischen Tumore. Frauen sind häufiger betroffen als Männer (65% vs. 35%) mit einem Durchschnittsalter von 62 Jahren. Der Großteil dieser Läsionen ist im Kopf der Bauchspeicheldrüse lokalisiert (>50%) und die Durchschnittsgröße bei Diagnosestellung ist >7cm.

Muzinöse Zystadenome (MCA) treten ebenfalls selten auf und repräsentieren 44-49% der zystischen Pankreastumore. Frauen sind häufiger betroffen als Männer (80% vs. 20%) mit einem Durchschnittsalter von 53 Jahren. Hauptlokalisation ist Corpus und Cauda des Pankreas (75%). Die Durchschnittsgröße bei Diagnosestellung ist >5cm. 

Intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie (IPMN) repräsentieren 20-25% der zystischen Pankreastumore mit steigender Inzidenz. Das Durchschnittsalter der Patienten beträgt >65 Jahre, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen (55% vs. 45%). Bei etwa 40% der Patienten mit IPMN besteht gleichzeitig ein invasives Karzinom.


Klinik:

Zystische Tumore des Pankreas verursachen ene Vielzahl von Symptomen, die allesamt unspezifisch sind.

- Völlegefühl

- Sodbrennen

- uncharakteristische Bauchschmerzen

- Diabetes mellitus

- Verdauungsbeschwerden

- Blähungen

- Gewichtsverlust


Bildgebende Diagnostik:

Zystische Raumforderung im Pankreas stellen häufig einen Zufallsbefund dar. Viele dieser Läsionen sind klein und asymptomatisch. Die Mehrzahl dieser Läsionen sind nicht-neoplastischer Genese (post-pankreatitische Pseudozysten). Umso wichtiger ist eine Differenzierung zwischen nicht-neoplastischen Zysten und zystischen Neoplasien. Kontrast-verstärkte mehr-phasige CT und MRT sind die Methoden der Wahl in der Differenzierung von makrozystischen und mikrozystischen Raumforderungen. Es gibt keine Evidenz, welche dieser beiden Methoden vorzuziehen ist. Die CT ist weniger Artefakt-anfällig, die MRT hat aber auf Grund des besseren Kontrasts Vorteile bei der Differenzierung von kleinen Raumforderungen Sie wird daher oft bei kleinen Tumoren (< 2 cm), die in der CT nicht näher charakterisiert werden können, zur Differenzierung solider versus zystischer Tu eingesetzt. Vor allem in der Differenzierung von intraduktalen papillären muzinösen Tumoren (IPMT) ist die MRT mit MRCP nicht-invasiv die Methode der Wahl. Falls durch CT und MRT (und Anamnese!) eine definitive Diagnose nicht möglich ist, kann die Endosonographie Information hinsichtlich der Morphologie der  zystischen  Läsion (unilokulär, makrozystisch, mikrozystisch oder zystisch mit solider Komponente) und eine zytologische/histologische Diagnose liefern.


Chirurgische Therapie:

Die chirurgische Therapie der primär zystischen Pankreastumore ist von der exakten Diagnose abhängig.

1. SCA: Die prinzipiell benigne Natur des SCA, bei doch bestehender Morbidität und Letalität der Pankreasresektion, wurde in der Vergangenheit als Argument zu einem eher konservativen therapeutischen Zugang verwendet. Seit einigen Jahren wird jedoch wieder ein eher operatives Vorgehen befürwortet.

Die Überlegungen dazu sind:

a.Die präoperative Unterscheidung zwischen der benignen und der malignen zystischen Veränderung kann im Einzelfall schwierig sein.

b.Die Folgen der konservativen Behandlung sind bei falscher Diagnose schwerwiegend.

c.Die perioperative Morbidität und Letalität der Pankreaschirurgie ist an spezialisierten Zentren niedrig.

d.Die Prognose nach kurativer Resektion ist sehr gut.

Trotz der Argumente für die Resektion bleibt Raum für Diskussion. Es ist unbestritten, dass die verläßliche Diagnose eines SCA (vs. des Spektrums des MCA) bei asymptomatischen Patienten ein konservatives Vorgehen rechtfertigt, wenn man gleichzeitig die langsame Progression dieser Art von Läsion in Betracht zieht. Jedoch sollten sich der behandelnde Chirurg und der Patient des geringen Risikos, ein MCA als ein SCA auszuweisen, bewußt sein. Die Resektion ist im Falle von größenabhängigen Symptomen (Ikterus, Schmerzen, frühes Sättigungsgefühl), oder wenn eine sichere Differenzierung von einem MCA bzw. eines Seitenast-IPMN nicht möglich ist, indiziert. Kleine Läsionen (<2,5cm), die sich im zeitlichen Verlauf nicht verändern, können jedoch beobachtet werden.

Bei den resezierenden Verfahren sollten organsparende Techniken bevorzugt werden. Es besteht keine Indikation zur Lymphadenektomie oder erweiterten Resektion. Die pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion (PPPD), die segmentale zentrale bzw. die milzerhaltende distale Pankreasresektion sind bei entsprechender Lokalisation die Methoden der Wahl.


2. MCA: Aufgrund der unsicheren Dignität des MCAs ist die Resektion der Läsion bei Diagnosestellung gerechtfertigt. Chirurgische Methode der Wahl ist bei entsprechender Lokalisation die PPPD und, wenn eine invasive Komponente sicher ausgeschlossen werden kann, die segmentale zentrale bzw. die milzerhaltende distale Pankreasresektion.


3. IPMN: Um das chirurgische Procedere festzulegen, ist es wichtig zwischen Haupt- und Seitenast-IPMN zu unterscheiden. Während die Hauptast-IPMN in 60-92% der Fälle mit einem Karzinom einher geht, ist die Wahrscheinlichkeit eines malignen Tumors bei der Seitenast-IPMN signifikant geringer (6-46%). Die Unterscheidung zwischen Hauptast- und Seitenast-IPMN wird in erster Linie mittels bildgebenden Verfahren (CT, MRT) getroffen.

Die Hauptast-IPMN wird mittels klassischer onkologischer Resektion (PPPD, Pankreaslinksresektion, totale Pankreatektomie) behandelt. Die (chirurgische) Behandlung der Seitenast-IPMN muß differenzierter betrachtet werden. Bei einer gut dokumentierten Follow-up Studie von asymptomatischen Patienten mit Zysten <3cm konnte in einem Beobachtungszeitraum von 33 Monaten keine Progression nachgewiesen werden, so dass in diesen Fällen das konservative Management gerechtfertigt ist. Symptomatische Patienten mit Seitenast-IPMN sollten jedoch reseziert werden, um einerseits die Symptome zu verbessern und andererseits der höheren Wahrscheinlichkeit eines Karzinoms Rechnung zu tragen.


4. Solide pseudopapilläre Neoplasie (Frantz-Tumor): Diese Tumore sind weder eindeutig benign noch malign. Studien wiesen jedoch in 10-15% der Patienten bei Diagnosestellung oder Resektion bereits Metastasen nach. Aufgrund dieser Tatsache ist die Resektion gerechtfertigt. Das Resektionsausmaß ist abhängig von der Lokalisation des Tumors innerhalb des Pankreas und umfaßt die Enukleation, die pyloruserhaltende Pankreaskopfresektion (PPPD), die segmentale zentrale bzw. die milzerhaltende distale Pankreasresektion. Da die Prognose dieser Erkrankung sehr gut ist, erscheint die Resektion auch im Falle von Metastasen gerechtfertigt, wobei eine intraoperative Entfernung derselben angestrebt werden sollte.