Ordination für Chirurgie

Prim. Univ. Prof. Dr. Peter Götzinger

Pankreaskarzinom: 


Das Pankreaskarzinom stellt nach dem kolorektalen Karzinom und dem Magenkarzinom das dritthäufigste Malignom des Gastrointestinaltrakts dar. Bei einem Großteil der Patienten ist die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits weit fortgeschritten, so dass das mediane Gesamtüberleben weniger als sechs Monate und die Fünfjahresüberlebensrate 

0,4% bis 5% beträgt. Ca. 12% aller Patienten mit Pankreaskarzinom können einer Resektion zugeführt werden, wobei das mediane Überleben 11 bis 20 Monate und die Fünfjahresüberlebensrate 7-25% beträgt. 

Diagnose und Überprüfung der Resektabilität

Die führenden Symptome des Pankreaskarzinoms sind der schmerzlose Ikterus und/oder Gewichtsverlust in Verbindung mit Rückenschmerzen. Die klinischen Zeichen wie plötzlicher und rascher Gewichtsverlust, persistierende Rückenschmerzen, tastbare abdominelle Resistenz, Aszites und vergrößerte supraklavikuläre Lymphknoten sprechen meist für die Inoperabilität des Tumors. Als diagnostische Möglichkeiten stehen der Abdomen-Ultraschall, 

endoluminaler Ultraschall, Magnetresonanzcholangiopankreatikografie (MRCP) und die endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP) zur Verfügung. Der Goldstandard in der Diagnostik und im klinischen Staging stellt die kontrastmittelverstärkte Computertomographie (CT) in Multislice-Technik mit arterieller und venöser Phase dar. Bei 90% der Patienten kann so die Resektabilität genau vorhergesagt werden. Kontraindikationen für die Resektion sind Lebermetastasen, Peritonealkarzinose oder Metastasen anderer Lokalisation und die Umscheidung größerer arterieller und venöser Gefäße. Relative Kontraindikationen für einen kurativen chirurgischen Ansatz sind die kontinuierliche Infiltration von Duodenum, Magen oder Kolon. Auch die lokale Lymphknotenmetastasierung, die Mitbeteiligung von Vena mesenterica superior, lienalis, oder portae sind keine Kontraindikationen zur Resektion. Obwohl durch die Laparoskopie, inklusive laparoskopischer Ultraschall, bei zehn bis 35 Prozent der Patienten, die durch andere bildgebende Verfahren als metastasenfrei beschrieben wurden, okkulte Absiedelungen in der Leber oder am Peritoneum nachgewiesen werden können, bleibt die Wertigkeit dieser Untersuchung fraglich.


Präoperative biliäre Drainage

Allgemein wird bei hohen Bilirubinwerten (>20mg/dl) eine präoperative Galleableitung empfohlen. Die Wertigkeit dieser Drainage (transhepatisch/endoskopisch) muss jedoch auch nach zahlreichen Studien mit teils widersprüchlichen Ergebnissen offen bleiben. 

Wenn vor dem chirurgischen Eingriff ein Stent platziert wird, so sollte er aus Plastik sein, und er sollte endoskopisch platziert werden. Metallstents sollten im präoperativen Setting vermieden werden. 


Die radikale chirurgische Entfernung des Tumors stellt die einzige kurative Therapiechance dar. Daher sollte, falls präoperativ keine Metastasierung nachgewiesen wurde, immer eine Laparotomie zur Feststellung der Resektabilität vorgenommen werden. 

Die Standardoperation zur Behandlung des Pankreaskopfkarzinoms ist die partielle Duodenopankreatektomie nach Kausch-Whipple. 

Walter Kausch führte 1909 die erste erfolgreiche Duodenopankreatektomie durch und resezierte auf diese Weise ein Papillenkarzinom. Allen O. Whipple baute 25 Jahre später die Methode zu einem Standardverfahren aus, welches heute den häufigsten Eingriff am Pankreas darstellt. 

In der klassischen Variante umfasst die Operation die Resektion des Duodenums, des Pankreaskopfes, des distalen Gallenganges, der Gallenblase, des distalen Magens, der peripankreatischen Lymphknoten sowie der Lymphknoten im Bereich des Ligamentum hepatoduodenale. Klassische Indikationen für die partielle Duodenopankreatektomie sind Tumore des Pankreaskopfes, des Duodenums, der Papillenregion sowie des distalen Gallenganges mit der Zielsetzung der kurativen Resektion. 


Standard versus pyloruserhaltende Duodenopankreatektomie

Einige Modifikationen der Technik wurden im Laufe der Zeit beschrieben, wie auch die pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (PPPD), die Watson 1944 erstmals beschrieb. Diese Technik wurde von Traverso und Longmire 1978 wieder eingeführt. Große Serien haben die Ergebnisse der Standard- (SDP) und der pyloruserhaltenden partiellen Duodenopankreatektomie (PPPD) verglichen, mit jedoch teils inkonklusiven und widersprüchlichen Ergebnissen. Die größte rezente Studie von Tran und Mitarbeitern, die insgesamt 170 Patienten (83 Standardresektionen, 87 pyloruserhaltende Resektionen) verglich, konnte jedoch keinen Unterschied hinsichtlich Operationsdauer, intraoperativer Komplikationen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes nachweisen. Insbesondere kam es in dieser Studie durch die PPPD zu keinem vermehrten Auftreten einer Magenentleerungsstörung. Aufgrund des gleichen Langzeitüberlebens in beiden Gruppen und einer doch verbesserten postoperativen Lebensqualität in der Gruppe der pyloruserhaltend operierten Patienten, sollte dieser Operationstechnik, wenn lokal möglich, der Vorzug gegeben werden.


Pankreasanastomose

Eine häufige Komplikation nach partieller Duodenopankreatektomie stellt die Pankreasfistel dar. Die Inzidenz beträgt zwei bis 24 Prozent. Dies erklärt, warum in der Literatur weit über 40 Rekonstruktionsverfahren angegeben werden. Die Bevorzugung des einen oder anderen Anastomosenverfahrens fällt in die Kompetenz des jeweiligen Operateurs, wobei sich in allen Fällen Argumente für diese oder jene Anastomosentechnik finden. 

Die an meiner Klinik durchgeführten Anastomosentechniken sind die einreihige oder zweireihige (duct to mucosa) End-zu-Seit Pankreatikojejunostomie, wobei die postoperativen Fistelraten vergleichbar sind. 

 

Stellenwert der erweiterten Lymphadenektomie 

Mit Minderung des perioperativen Risikos wurde vor allem von japanischen Autoren Mitte bis Ende der 80er Jahre in Analogie zum Magen- und Ösophaguskarzinom eine radikale, extensive retroperitoneale Lymphadenektomie propagiert. Hier wird neben der Standard-Lymphadenektomie (peripankreatische, supra- und infrapylorische, Gallengangslymphknoten) auch eine Lymphadenektomie im Bereich des Leberhilus, entlang der Aorta vom Zwerchfell bis zur Arteria mesenterica inferior und lateral bis in beide Nierenstiele hinein sowie zirkulär um den Truncus coeliacus und die Arteria mesenterica superior durchgeführt. Die größte verfügbare Sammelstatistik von Hirata hat jedoch keinen Überlebensvorteil für die ausgedehnte Lymphadenektomie zeigen können, wohl aber für die Standard-Lymphadenektomie bei N1-positiven Patienten (verglichen mit keiner Lymphadenektomie). Die Johns-Hopkins-Gruppe hat eine weitere Phase-III-Studie mit 294 Patienten publiziert, wobei die Überlebensraten vergleichbar, jedoch die Gesamtskomplikationsrate in der Gruppe mit erweiterter Lymphadenektomie signifikant höher war. Zusammengefasst besteht auf Basis der derzeitigen Datenlage keine Indikation zur erweiterten Lymphadenektomie beim Pankreaskarzinom. 


Totale Duodenopankreatektomie und Pankreaslinksresektion

Die in den 70er Jahren nicht nur zur Prognoseverbesserung, sondern auch zur Vermeidung von Komplikationen propagierte prinzipielle, totale Pankreatektomie ist heute weitestgehend aufgegeben worden. Fehlender Langzeiterfolg, gleiche oder erhöhte perioperative Morbidität und Letalität und die doch schlechte postoperative Lebensqualität stehen der prinzipiellen Anwendung entgegen. Kann jedoch bei der partiellen Duodenopankreatektomie kein tumorfreier Pankreasschnittrand in der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung erreicht werden, so ist die Erweiterung auf die totale Pankreatektomie dann gerechtfertigt, wenn mit einiger Sicherheit erwartet werden kann, dass der Eingriff als Kurativoperation abgeschlossen wird. 

Die Pankreaslinksresektion (distale Pankreatektomie) ist bei tumorösen Läsionen im Bereich Corpus und Cauda des Pankreas indiziert, jedoch ist das Karzinom dieser Lokalisation aufgrund der späten Symptomatik und Diagnosestellung nur selten operabel. Ist die Pankreaslinksresektion radikal, so entspricht die Prognose den muzinös zystischen Tumoren und ist als günstig einzuschätzen. Eine tumoröse Mitbeteiligung von Milzarterie oder -vene ist keine Kontraindikation zur Resektion. 


Morbidität und Letalität nach Pankreasresektion 

In spezialisierten Zentren beträgt die perioperative Sterblichkeitsrate zwischen 3-7%. Unabhängige prognostische Faktoren sind die Anzahl der intraoperativ verbrauchten Blutkonserven, die Höhe des präoperativen Bilirubinspiegels, der Durchmesser des Pankreasgangs und das Auftreten von Komplikationen. Wenn eine postoperative Komplikation einen operativen Eingriff erforderlich macht, so steigt die Letalitätsrate auf 30-67% Die häufigsten Komplikationen sind Blutungen, das Auftreten von intraabdominellen Abszessen und die Leckage der Pankreasanastomose. 

Die Inzidenz der Pankreasfistel wird in der Literatur mit 2-24% angegeben. Risikofaktoren sind ein weiches Pankreasgewebe und ein schmaler Pankreasgang. Die Technik der Pankreasanastomose hat keinen Einfluss. Auch die prä-, intra- oder postoperative Anwendung von Somatostatin kann das Auftreten einer Pankreasfistel nicht verhindern. 


Prognostische Faktoren und Überlebensraten nach Resektion

Günstige prognostische Faktoren sind negative Resektionsränder (R0), negativer Lymphknotenstatus, das Vorliegen mittel- bis hochdifferenzierter Karzinome, Tumorgröße von weniger als zwei Zentimetern und das Fehlen einer perineuralen Invasion oder makroskopischen Gefäßbeteiligung. 

Das Fünfjahresüberleben beträgt bei operierten Patienten 7-25% mit einem medianen Überleben von 11-20 Monaten. Das mediane Überleben beträgt bei Patienten mit inoperablem, aber noch nicht metastasiertem Karzinom 6-11 Monate, bei Patienten mit Metastasen 2-6 Monate.


Die partielle Duodenopankreatektomie hat sich von einem risikoreichen Eingriff zu einer – bei entsprechender Erfahrung – risikoarmen Operation gewandelt. Eine standardisierte Operationstechnik sowie ein verbessertes intra- und postoperatives Management der Patienten hat hierzu wesentlich beigetragen. 

Die Langzeitprognose ist unter der Anwendung multimodaler Therapiekonzepte deutlich günstiger als bisher allgemein angenommen.